Dossier
“Verlängerung des Kündigungsverbots und der Kurzarbeit vorgesehen” titelte Maurizio C. am 24.7.2020 eine Nachricht an LabourNet: “Arbeitministerin Nunzia Catalfo hat gestern während eines Treffens mit den drei grossen Gewerkschaftsverbänden Cgil, Cisl und Uil die Massnahmen für die Arbeit des nächsten Dekretes besprochen, für das die Regierung 25 Milliarden Euro vorsieht. Geplant ist die Verlängerung des Kündigungsverbotes bis Ende Jahr 2020. Zudem soll die Kuzzarbeit um weitere 18 Wochen verlängert werden; alternativ dazu sollen Unternehmen, die die Arbeiter*innen wieder zurück zur Arbeit rufen, während dieser Zeit von der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge befreit werden. Es ist noch unklar, ob weiterhin alle Unternehmen Kurzarbeit beantragen dürfen oder nur diejenigen Unternehmen, die während der Corona-Krise einen Umsatzeinbruch von mindestens 20% hatten. Bis heute wurden 2.1 Milliarden Stunden Kurarbeit bewilligt, es handelt sich dabei um einen historischen Rekord. Die politische Diskussion um die Massnahmen zur “Rettung der Arbeit” findet in einem äusserst düsteren Kontext statt. Gestern hat das nationale Sozialversicherungsamt Inps die Statistiken zu den Zeitverträgen publiziert. In den ersten vier Monaten des Jahres 2020 sind im Vergleich zum Vorjahr die Anstellungen über befristete Verträge um 39% gesunken. Im Monat April – inmitten des Lockdowns – fiel die Zahl um 83%. Gesamthaft sind 499.000 Arbeitsverhältnisse davon betroffen. Was die Statistiken zudem entpuppen: Diese Tendenz wurde schon in den Monaten vor dem Ausbruch der Pandemie beobachtet. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die italienische Wirtschaft allgemein auf Prekarität basiert – und dass die Krisendynamiken schon seit längerem eingesetzt haben.” Siehe einige weitere Meldungen zur aktuellen Lage in Italien:
- Die soziale Gewalt der Krise: Die Arbeitslosigkeit explodiert, die Prekarität breitet sich aus, die Armut steigt
“Die Arbeitslosigkeit explodiert, die Prekarität breitet sich aus, die Armut steigt – so können die Resultate der gestern vom italienischen Statistikamt ISTAT publizierten Studie zur Beschäftigung in Italien zusammengefasst werden.
Zwischen April und Juni dieses Jahres haben 600.000 Arbeiter*innen ihren Job verloren (459.000 Angestellte und 140.000 Selbständige); im Vergleich zum Vorjahr gingen 752.000 Stellen verloren. Zudem wächst die Zahl der “inaktiven” – also derjenigen, die weder arbeiten noch auf Stellensuche sind – weiter an: 793.000 Personen im Februar 2020. Besonders von der Rezession betroffen sind U24-Jugendliche, Frauen, (Schein-)Selbständige und prekäre Leiharbeiter*innen. Auch die Zahl der “neuen Armen” ist in den letzten Monaten gestiegen, es sind 2.1 Millionen Familien (rund 4 Mio. Perosnen) mit mindestens einem Mitglied, das unregelmässig arbeitet; dies entpricht 4.1% aller Familien, wobei ein Drittel ausländische Staatsangehörige sind.
Gestern gab die Europäische Zentralbank zudem bekannt, dass ohne die Ausweitung der Kurzarbeit die Arbeitslosigkeit in Italien 25% erreicht hätte. Es ist nicht auszuschliessen, dass wenn Ende 2020 Kurzarbeit und Kündigungsverbot ans Ende kommen, dieses apokalyptische Szenario zur Realität wird.” Nachricht an LabourNet von Maurizio C. am 31.7.2020 – wir danken! - Irgendwie nicht überraschend: 30% der italienischen Unternehmen haben unrechtmässig Kurzarbeit bezogen
- “#ItalienNews. Bald weitere 1 Mio. Arbeiter wegen #Coronakrise ohne Job. Arbeitsministerin #Catalfo plant neues Massnahmepaket im Umfang von 25 Mrd. €. #Kurzarbeit und Kündigungsverbot bis Ende 2020 verlängert. Doch wichtig ist bekanntlich nicht der Fall, sondern die Landung…” Tweet von Maurizio C. am 25.7.2020
- Amazon Italien verspricht neue Arbeitsplätze
“Vor 10 Jahren hat das Logistik- und Zustellunternehmen Amazon in Italien seinen ersten Betrieb eröffnet und ist seither nur gewachsen. Heute gehört Amazon zu den 50 bedeutendsten Unternehmen des Landes, seine Umsatzzahlen übertreffen diejenigen traditionsreicher Unternehmen wie Barilla und Mediaset. Nun hat Amazon im Verlaufe des Jahres 2020 1.600 neue unbefristete Stellen versprochen, so dass die Zahl der Beschäftigten italienweit 8.500 erreichen wird.
Die Investitionen von Amazon in Italien beliefen sich 2019 auf 1.8 Milliarden €, wovon 168 Millionen für die Insfrastruktur eingesetzt wurden. Für dieses Jahr sind weitere 140 Millionen € für die Eröffnung des fünften und sechsten Verteilzentrums in Castelguglielmo-San Bellino (Venetien) und Colleferro (Lazio) vorgesehen. Im ersten Quartal 2020 stiegen die Verkaufszahlen von Amazon Italien um 26%; die Börsentitel an der Wall Street sind um 62% gestiegen.” Nachricht an LabourNet von Maurizio C. am 21.7.2020 - “#ItalienNews. #AmazonItalia verpricht 1600 neue Arbeitsplätze + die Eröffnung von 2 neuen Verteilzentren in den Regionen #Veneto und #Lazio. #LaRepubblica präsentiert #Amazon als Unternehmen mit #socialresponsibility. Wo bleibt die Stimme der Arbeiter zu den Arbeitsbedingungen?” Tweet von Maurizio C. am 21.7.2020
- Italien: Weniger Arbeitstote, mehr Berufskrankheiten
“Im Laufe der letzten Woche hat das nationale Versicherungsamt gegen Arbeitsunfälle INAIL die definitiven Zahlen seiner Statistiken zu den Berufsunfällen und ‑krankheiten veröffentlicht. Die dem Amt eingetroffenen Anzeigen von Arbeitsunfällen haben für das Jahr 2019 die Zahl von 644.803 erreicht, was einer leichten Abnahme im Verlgeich zum Vorjahr bedeutet (-0.09%). Die angezeigten Arbeitsunfälle mit tödlichem Ausgang belaufen sich auf 1.156, was einer Abnahme von 8.5% zum Vorjahr entspricht. Hingegen nahmen die gemeldeten Berufskrankheiten zu: im Jahr 2019 sind 61.201 Fälle eingetroffen, was einer Zunahme von 2.9% im Vergleich zum Vorjahr und einer Zunahme von mehr als 40% im Vergleich zu 2010 bedeutet. Hervorzuheben sind die über 1.500 gemeldeten Fälle von Asbesterkrankungen.” Nachricht an LabourNet von Maurizio C. am 20.7.2020 - “#ItalienNews. Zwei Arbeiter, 29 und 53 Jahre, sind heute auf einer Römer Baustelle vom Gerüst gestürzt und tödlich verunglückt. Gerade letzte Woche wurden die Zahlen der tödlichen Arbeitsunfälle im Jahr 2019 publiziert: 1.156! Wo bleiben die nötigen Sicherheitskontrollen?” Tweet von Maurizio C. am 20.7.2020
- “#ItalienNews. Neuer #COVID19-Herd bei #TNT in #Bologna, 29 #Arbeiter*innen positiv getestet. Mit dem #Lockdown Auftragszunahme in der #Logistik (+86% im Monat Mai). Bei TNT wurde neues Personal eingestellt, ohne Anpassung der Sicherheitsmassnahmen. #profits vs. #Gesundheit” Tweet von Maurizio C. am 11.7.2020
- Siehe zu Maurizio C. seinen empfehlenswerten Twitter-Account
sowie seine Telegram News zu Italien auf Deutsch
- Siehe zuletzt vom 13. Juli 2020: Wer von Italiens Regierung in der Coronakrise Geld bekommt (die Armee für 41 Militärmissionen) – und wer nicht
Der Beitrag Italien: Erzwingt die Coronakrise mit verschärfter Erwerbslosigkeit und Prekarisierung die Verlängerung des Kündigungsverbots und der Kurzarbeit? erschien zuerst auf LabourNet Germany.