„… Im Istanbuler Bezirk Bakirköy hat am Sonntag eine weitere Kundgebung für die inhaftierten Rechtsanwält*innen Ebru Timtik und Aytaç Ünsal stattgefunden. Seit Monaten sind die Jurist*innen mit der Forderung nach einem gerechten Verfahren im Hungerstreik, ihr Zustand ist äußerst kritisch. Doch trotz festgestellter Haftunfähigkeit durch die Gerichtsmedizin wurde ein Antrag auf Freilassung abgelehnt. Seit Donnerstag befinden sich die beiden zudem gegen ihren Willen in einem Krankenhaus. Es droht eine Zwangsernährung, die tödliche Folgen haben könnte. Die heutige Kundgebung fand wieder auf dem Platz vor dem staatlichen Krankenhaus „Dr. Sadi Konuk“ statt, in dem die inzwischen auf 35 Kilogramm abgemagerte Ebru Timtik festgehalten wird. Aufgerufen hatte der „Widerstandsrat“, unter den zahlreichen Teilnehmenden waren neben Angehörigen von Timtik auch Rechtsanwält*innen der Vereinigungen ÇHD und ÖHD, Mitglieder des Istanbuler Provinzverbands der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und der Gefangenenhilfsorganisation TAYAD sowie Aktivistinnen der Initiative der Friedensmütter. Ebru Timtik ist als Anwältin beim linken Verband „Rechtsbüro des Volkes“ (türk. Halkın Hukuk Bürosu“) osrganisiert. Sie befindet sich seit mittlerweile 213 Tagen im sogenannten Todesfasten. Ihr Kollege Aytaç Ünsal verweigert seit 182 Tagen jegliche Nahrungsaufnahme. Beide wurden aufgrund von widersprüchlichen Aussagen des Kronzeugen Berk Ercan zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Anschuldigungen dieses Überläufers haben zur Verhaftung von knapp 200 Menschen geführt. Sie alle wurden im Komplex der Verfahren gegen vermeintliche Angehörige der DHKP‑C nach Terrorparagrafen verurteilt. Unter ihnen sind auch mehrere Mitglieder der Musikgruppe Grup Yorum und Mustafa Koçak, der zu lebenslanger Haft verurteilt worden war und vergangenen April an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben ist…“ – aus dem Bericht „Festnahmen bei Kundgebung für hungerstreikende Anwälte“ am 02. August 2020 bei der ANF
über die Repression gegen die Solidaritätsaktion. Siehe dazu auch eine Meldung zur Zwangsverlegung der Hungerstreikenden sowie zur verweigerten Freilassung trotz medizinisch bestätigter Haftunfähigkeit – und einen Soliaufruf:
- „News zu den todfastenden Anwälte Aytaç Ünsal und Ebru Timtik“ am 01. August 2020 beim political prisoners.net
meldet zu den aktuellen Entwicklungen unter anderem: „… Gestern gegen 17:30 Uhr Ortszeit gab das Büro für Volksrecht (Halkın Hukuk Bürosu) in seinem offiziellen Bericht auf Twitter bekannt, dass die Anwälte Aytaç Ünsal und Ebru Timtik, die sich seit Anfang dieses Jahres im Todesfasten (Hungerstreik bis zum Tod) befinden und einen neuen fairen Prozess gegen sie fordern, gewaltsam aus ihren Zellen im Silivri-Gefängnis, das etwa 80 km westlich des Stadtzentrums von Istanbul liegt, entfernt und dann in Krankenhäuser in zwei verschiedenen Teilen der Metropole gebracht wurden. Der Vorfall ereignete sich etwa 2 Stunden, nachdem ein Gericht in Istanbul eine Verlängerung der Haft der beiden Anwälte und ihre mögliche anschließende Einweisung in ein Krankenhaus zur “medizinischen Behandlung” angeordnet hatte. Verwandte und Kollegen der beiden Rechtsanwälte geben jedoch an, dass sie ins Krankenhaus gebracht wurden, um sich einem erzwungenen medizinischen Eingriff zu unterziehen, was eine äußerst brutale Foltermethode ist, die darauf abzielt, den Hungerstreik durch Anwendung von Gewalt und Folter zu beenden. (…) Gegen 19.30 Uhr veröffentlichten die Kollegen der Rechtsanwälte Aytaç Ünsal und Ebru Timtik ein Video auf Twitter, in dem sie angaben, dass sie sich vor dem Krankenhaus im Bezirk Bakırköy befänden, wo Rechtsanwalt Timtik zu einer medizinischen Zwangsintervention gebracht wurde. Sie wurde stundenlang in einem Krankenwagen vor dem Krankenhaus festgehalten, und das Gelände wurde von Gendarmen und Agenten der politischen Polizei abgeriegelt. Kollegen der Anwältin sagten, dass es Folter sei, eine auf 35 Kilogramm geschmolzene Person stundenlang in einem Krankenwagen festzuhalten. Gegen 20.00 Uhr wurde der Rechtsanwalt Ebru Timtik aus dem Krankenwagen geholt und auf einer Bahre ins Krankenhaus gebracht. Polizeibeamte der Bereitschaftspolizei blockierten den Raum vor dem Eingang des Krankenhauses, um zu verhindern, dass die Angehörigen und Kollegen der Anwältin Timtik sowie Journalisten und Unterstützer ihrer Sache sie sehen und fotografieren konnten. Gegen 22.40 Uhr veröffentlichten der Anwalt Ayşegül Çağtay vom Büro für Volksrecht und ein Abgeordneter von Dilşat Cambaz Kaya von der Halkların Demokratik Partisi-HDP ein Video, in dem es hieß, dass trotz des anfänglichen Versprechens der Ärzte des Saadi Konuk-Krankenhauses im Bezirk Bakarköy, wo die Anwältin Ebru Timtik gewaltsam entführt wurde, um einem Verwandten von Timtik zu erlauben, bei ihr zu bleiben und ihr während ihres Aufenthalts zu helfen, die Ärzte später sagten, dass eine schriftliche Genehmigung des Staatsanwalts in diesem Fall erforderlich sei, damit jemand mit Anwalt Timtik zusammenbleiben könne...“
- „Türkei: Haftentlassung hungerstreikender Anwälte abgelehnt“ am 31. Juli 2020 im political prisoners.net
meldete zur verweigerten Freilassung unter anderem: „… Trotz gerichtsmedizinisch festgestellter Haftunfähigkeit hat das zuständige Istanbuler Gericht die Entlassung von Ebru Timtik und Aytaç Ünsal aus dem Gefängnis abgelehnt. Die beiden Anwält*innen sind nach monatelangem Hungerstreik in Lebensgefahr. Kurz nach Feststellung der Haftunfähigkeit durch die Gerichtsmedizin hat die 37. Kammer des Istanbuler Strafgerichts den Antrag auf Freilassung von Ebru Timtik und Aytaç Ünsal abgelehnt. Die beiden Anwält*innen befinden sich nach monatelangem Hungerstreik in sehr kritischem Gesundheitszustand. Das Gericht sah darin keinen Anlass für die Aufhebung des Haftbefehls, eine medizinische Behandlung könne auch vom Gefängnis aus organisiert werden. Die Mitglieder des Zusammenschlusses „Koordination Freiheit für die Verteidigung“, die vor dem Justizgebäude im Istanbuler Stadtteil Çağlayan auf die Gerichtsentscheidung gewartet hatten, reagierten entsetzt und wütend. Rechtsanwältin Çiğdem Akbulut erklärte, das Gericht habe soeben den Todesbefehl für Timtik und Ünsal unterzeichnet. Der Antrag auf Haftentlassung sei gestellt worden, um den Hungerstreikenden eine medizinische Kontrolle durch unabhängige Ärzte zu ermöglichen. Jetzt sei vielmehr eine Zwangsbehandlung zu erwarten, die bereits in vielen Fällen zum Tod von Hungerstreikenden geführt habe…“
- Solidaritätsaufruf von Anadolu Newsblog (@AnadoluNewsblog
) vom 2.8.20 via Twitter:
PLEASE – FIRST PUBLISH THE TEXT BELOW IN YOUR TWITTER ACCOUNT – SECOND FOLLOW THE REQUEST AND ALSO WRITE A SHORT STATEMENT DEAMNDING THE RELEASE OF EBRU AND AYTAC ALSO ATTACHING THE LINKS FOR JUSTICE AND HEALTH MINISTRIES – THIRD SEND THIS SHORT TEXT VIA RETWEET TO OTHER GROUPS AND PEOPLE!
LET’S CREATE MOST POSSIBLE AND QUICK SUPPORT. THE LAWYERS COULD REALLY DIE IF THEY REMAIN FURTHER UNDER THIS CONDITION. THEY MUST BE RELEASED AS STATED BY THE FORENSIC MEDICAL REPORT…..
COPY AND PASTE TO TWITTER:
Lawyers in Turkey are near death because the government wants to silence their struggle for fair trial! We urgently call you to make statements for release of Ebru Timtik and Aytac Ünsal. Justice and Health Ministries: @adalet_bakanlik @saglikbakanligi- Auch bei Twitter
und die Aktion bei Fratzebuch
- Auch bei Twitter
Der Beitrag Solidaritätskundgebung mit hungerstreikenden Rechtsanwälten in Istanbul von der Polizei überfallen: Jetzt erst recht! erschien zuerst auf LabourNet Germany.