“Alles ist anders. Zusätzlich zur weltweiten Corona-Pandemie stehen wir vor der größten wirtschaftlichen Krise seit Ende des zweiten Weltkrieges. Diese Krise wurde zwar durch die Pandemie verschärft, ihre Ursache liegt aber in der kapitalistischen Wirtschaftsweise. Schon im letzten Jahr hatte sich eine weltweite Rezession abgezeichnet. Es ist abzusehen, dass die jetzige Krise tiefer ist und länger anhalten wird, als die letzte Krise 2007–2009, auch wenn diese damals die tiefste Rezession der Nachkriegsgeschichte war. Instrumente wie vorübergehende Kurzarbeit wurden von den Bossen in viel größerem Ausmaß genutzt als vor zwölf Jahren…” Antikrisenprogramm vom 10. August 2020 von und bei der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften – siehe hieraus die wichtigsten Passagen zur gewerkschaftlichen Gegenwehr und einem bundesweiter Protesttag:
“… Gewerkschaftliche Gegenwehr!
In dieser Situation ist gewerkschaftliche Gegenwehr, betrieblich und betriebs- und branchenübergreifend, so wichtig wie nie zuvor. Hier bieten die anstehenden Tarifrunden besondere Möglichkeiten für Mobilisierungen. Leider sehen wir zur Zeit nach wie vor eine völlig falsche Ausrichtung durch die Gewerkschaftsführungen. Am absurdesten ist hierbei die Gründung der „Best Owners Consulting GmbH“ (BOG) für mittelständische Unternehmen, ein Hilfsfonds für mittelständische Unternehmen, mit einer Anschubfinanzierung durch hunderttausende Euro aus den Kassen der IG Metall sowie zu einem kleineren Teil der IG BCE! Das zeigt das Ausmaß der Entwicklung der IG Metall-Politik in Richtung Co-Management durch die derzeitigen Gewerkschaftsführungen. Hier muss es einen radikalen Wandel geben!
Verzicht ist keine Lösung
Gerade die jahrelange Verzichtslogik hat nicht zu mehr Arbeitsplatzsicherheit geführt – weder bei Continental oder anderen Metallbetrieben, noch bei Karstadt! (siehe link flyer zu Karstadt/Kaufhof) Dasselbe wird für die kommenden Auseinandersetzungen gelten. Zur Zeit werden über Betriebsvereinbarungen in einigen Konzernen und Betrieben Arbeitszeitverkürzungen mit entsprechenden Lohnkürzungenvereinbart. Diese werden als Überbrückungsmaßnahmen dargestellt, und als notwendig, um Arbeitsplätze zu erhalten. Gleichzeitig sprechen Unternehmer von der Notwendigkeit des Stellenabbaus. Es ist zu befürchten, dass die Maßnahmen letztlich dazu genutzt werden, um Löhne zu drücken, und gleichzeitig trotzdem die Arbeitsplätze nicht sicher sind. Denn alle Vereinbarungen enthalten Klauseln, nach denen aufgrund der wirtschaftlichen Lage dennoch Entlassungen möglich werden. Daher sind diese Vereinbarungen lediglich eine Vertagung des Problems, und zusätzlich bedeuten sie für die Kolleg*innen den Verzicht auf mehrere Prozent des Lohns, also große materielle Einbußen. Statt Verzicht zu üben, muss endlich ein konsequenter Abwehrkampf vorbereitet werden, in allen Betrieben und Branchen.
Leitlinien für Gegenwehr
Die Gewerkschaften müssten jetzt auf breiter Front informieren, diskutieren und dann Pläne schmieden, wie gegen die Kahlschlagpläne mobilisiert werden kann. Dabei müssen die Interessen der Kolleg*innen maßgeblich sein und nicht die der Konzerne. Leitlinien für das Agieren der Gewerkschaften müssen sein:
- Die Kolleg*innen zahlen nicht für diese Krise – die Reichen sollen zahlen
- Kampf um jeden Arbeitsplatz
- Nein zu Lohnverzicht
- Verteidigung aller gewerkschaftlichen Rechte und sozialer Standards (Rente, Mindestlohn etc)
- Verteilung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit auf alle
Schluss mit Sozialpartnerschaft und Co-Management. (…)
Aktionsprogramm 2020
In diesem Jahr steht konkret die Tarifrunde im öffentlichen Dienst sowie in den Nahverkehrsbetrieben an. Auch hier darf kein Verzicht geübt werden. Im Gegenteil, es muss eine deutliche Aufwertung der Berufe und einen Ausbau des öffentlichen Dienstes sowie des ÖPNV geben. Wenn dafür Milliarden nötig sind, muss die Antwort der Gewerkschaften lauten: dann müssen diese Milliarden locker gemacht werden. Noch immer sitzen einige Superreiche und Konzerne auf riesigen Bergen von Geld. Mit nur einem Teil dieses massiven Reichtums ließe sich bereits ein massiver Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge bewerkstelligen, ob im Gesundheitswesen, in der Bildung, im Sozialwesen oder der öffentlichen Verwaltung (siehe https://www.vernetzung.org/vorschlag-fuer-eine-kampagne-im-gesundheitsbereich/ und https://www.vernetzung.org/kampf-jetzt-fuehren-fuer-mehr-personal-aufwertung-und-bessere-arbeitsbedingungen-im-oeffentlichen-dienst/
).
Bundesweiter Protesttag
Die Angriffe auf Kolleg*innen häufen sich, aber zunächst sind es vereinzelte Angriffe – auf Arbeitsplätze, Arbeitsbedingungen, Einkommen. Damit die Kolleg*innen sehen, dass sie nicht allein sind, ist es auch schon jetzt nötig, gemeinsame Mobilisierungen zu organisieren. Dafür bieten die anstehenden Tarifrunden eine wichtige Chance. Sie dürfen nicht als wiederkehrendes Ritual verstanden werden – angesichts der historischen Krise, sollten sie genutzt werden, um eine gesellschaftspolitische Bewegung zu entfachen, die deutlich macht: die Gewerkschaften werden nicht hinnehmen, dass die Masse der arbeitenden Bevölkerung für die Lasten der Krise zur Kasse gebeten wird und ihr Lebensstandard gesenkt wird, während das obere Prozent weiter Milliarden scheffelt. Eine bundesweite Demonstration oder ein bundesweiter Protest- und Aktionstag der DGB-Gewerkschaften und sozialer Bewegungen und Organisationen sollte schon jetzt im Herbst geplant werden. Das gemeinsame Motto sollte lauten: Wir zahlen nicht für diese Krise. Forderungen sollten sein:
- Nein zu Stellenabbau und Entlassungen
- Überführung aller einschlägigen Einrichtungen in die Öffentliche Hand (z.B. Rekommunalisierung der Krankenhäuser) unter Kontrolle der dort Beschäftigten und der Öffentlichkeit.
- Arbeitsplätze verteidigen: Verstaatlichung von Betrieben, die entlassen wollen, unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung, um die Produktion gesellschaftlich sinnvoll planen zu können.
- Verteilung der Arbeit auf alle statt Massenarbeitslosigkeit: 30h-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich
- Milliarden für Gesundheit, Bildung, Soziales anstatt für Rüstung
- massives Investitionsprogramm in die öffentliche Daseinsvorsorge
- höhere Besteuerung von großen Unternehmen und Kapital
- Sonderabgabe von Milliardären von mindestens 30 Prozent
- Vermögens- und Millionärssteuer von 10 Prozent…”
Das Antikrisenprogramm kann hier als Faltblatt (A4) heruntergeladen werden: https://www.vernetzung.org/wp-content/uploads/2020/08/Antikrisenprogramm.pdf
Der Beitrag Antikrisenprogramm der VKG: Gewerkschaften müssen Abwehrkämpfe vorbereiten! erschien zuerst auf LabourNet Germany.