Dossier
“am 20.05.2020 informierte ver.di in einer Pressemitteilung darüber, dass die Dienststellenleitung der Freien Universität (FU) seit August 2019 versucht, gegen einen ver.di-Kollegen, Mitglied im Gesamtpersonalrat (GPR), eine außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung zu vollziehen. Die Leitung benutzt hier das schärfste Schwert, dass ihr zur Verfügung steht, um einem Kollegen, der sich in verschiedenen ehrenamtlichen Funktionen für die Interessen der Beschäftigten engagiert, die Existenzgrundlage zu rauben. Bis heute wurde die Kündigung nicht zurückgenommen. Der Gesamtpersonalrat (GPR) der FU lehnte die Kündigung ab und verurteilte sie in einer Veröffentlichung scharf. Ebenso die ver.di Betriebsgruppe der FU. Sie beschloss einstimmig eine Resolution. Völlig inakzeptabel ist, dass der örtliche Personalrat Dahlem (PRD) der Kündigung zugestimmt und sich damit faktisch zum Gehilfen der Arbeitgeberseite gemacht hat. Damit fügen Präsidium und Personalrat Dahlem einem verdienten Gewerkschafter, der sich bereits als Jugendauszubildendenvertreter an der FU für die Belange seiner Kolleginnen und Kollegen eingesetzt hat, nicht nur wirtschaftlichen Schaden zu. Es soll eine Drohkulisse gegenüber allen Beschäftigen aufgebaut werden, die sich bei den 2020 anstehenden Personalratswahlen in ehrenamtlichen Gremien für die Rechte der Mitarbeiter*innen einsetzen wollen…” Meldung vom 31. Mai 2020 von und bei Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht
samt Vordruck für Protestmail an den Personalrat Dahlem und das Präsidium der Freien Universität öffentliche Gerichtsverhandlung zur Kündigung findet am 12.06.2020 um 10:30 Uhr statt, siehe den Aufruf dazu und weitere Entwicklung:
- Gescheiterter Kündigungsversuch gegen Gesamtpersonalratsmitglied: FU-Präsidium geht vor das Oberverwaltungsgericht
“Das Präsidium der FU Berlin ist in der Verhandlung am 12.06.2020 vor dem Verwaltungsgericht Berlin mit der außerordentlichen krankheitsbedingten Kündigung eines Mitgliedes des Gesamtpersonalrates gescheitert. Der entsprechende Antrag des Präsidiums wurde vom Verwaltungsgericht Berlin als unbegründet zurückgewiesen.
Das Gericht stützt sich in seiner Abweisung der Klage auch auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 18.02.1993, Az.: 2 AZR 526/92). Amtlicher Leitsatz Nr. 2 dieses Urteils: “Das Arbeitsverhältnis eines Betriebsratsmitglieds kann in aller Regel nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG, § 626 BGB nicht wegen häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten außerordentlich gekündigt werden.”
Dieses Urteil des Bundesarbeitsgerichts gilt für Betriebsrats- und Personalratsmitglieder bundesweit. Das Präsidium der FU Berlin hat in seiner Antragsbegründung angeführt, dass es diese bundesweit gültige Rechtsprechung ablehnt. Das ist somit nicht nur ein Angriff auf ein Personalratsmitglied der FU Berlin, sondern ein indirekter Angriff auf alle Betriebs- und Personalräte bundesweit, denn wenn dieses Urteil des BAG im hier verhandelten Fall gekippt wird, dann würde das in ähnlicher Konstellation auch für andere Betriebs- und Personalräte bundesweit gelten. Das Präsidium und der Präsident der FU Berlin haben beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes eingereicht und gehen nunmehr in die nächste Instanz, um diese bundesweite Rechtsprechung zu kippen.” Meldung vom 5.08.2020 beim Gesamtpersonalrat der FU, siehe auch:
- Arbeitskampf in Lernfabrik: Freie Universität Berlin versucht einen Personalrat fristlos zu kündigen und scheiterte vorerst. Verdi-Betriebsgruppe organisiert Solidarität
“Der Ort von Forschung und Lehre ist gleichfalls einer arbeitsrechtlicher Kämpfe. Die Freie Universität Berlin zieht mit einer außerordentlichen Kündigung wegen Krankseins gegen einen Personalrat vor das Oberverwaltungsgericht. Zuvor, am 12. Juni, hatte das Berliner Verwaltungsgericht die Kündigung als unbegründet abgewiesen. Das Verfahren könnte Folgen für alle Personal- und Betriebsräte bundesweit haben. (…)Hopmann resümiert gegenüber jW: »Jeder Angriff auf einen Betriebs- oder Personalrat gilt allen, um alle einzuschüchtern, die sich für die Rechte der Arbeiter einsetzen.« Es komme darauf an, »den ›Spieß umzudrehen‹, sich gewerkschaftlich zu organisieren und die eigenen Interessen gemeinsam zu verteidigen«. Das sei vielversprechender, als sich nur auf die Abwehr einzelner Angriffe zu beschränken. In diesem Sinne regt sich Widerstand. Die Verdi-Betriebsgruppe hat zum Schutz des angegriffenen Personalrats einen Solidaritätskreis gebildet. Zur ersten Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht kamen 25 Unterstützer. Claudius Naumann, Sprecher der Betriebsgruppe, sagte gegenüber jW: »Wir hoffen, dass sich aufgrund der Tragweite des Urteils bundesweit Personal- und Betriebsräte mit dem Kollegen solidarisieren.«” Artikel von Moritz Schmöller in der jungen Welt vom 11.08.2020
- Arbeitskampf in Lernfabrik: Freie Universität Berlin versucht einen Personalrat fristlos zu kündigen und scheiterte vorerst. Verdi-Betriebsgruppe organisiert Solidarität
- Klage gegen den Gesamtpersonalrat vom Verwaltungsgericht zurückgewiesen
“Der Gesamtpersonalrat teilt mit, dass das Verwaltungsgericht Berlin in der Verhandlung vom 12.06.2020 die Klage seitens des FU-Präsidiums gegen den Gesamtpersonalrat, seine Ablehnung des Kündigungsantrag gegen eines seiner Mitglieder durch gerichtlichen Beschluss ersetzen zu lassen, zurückgewiesen hat. Das Gericht stützt sich in seiner Abweisung der Klage im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung von Betriebsatsmitgliedern [= Personalratsmitgliedern] in der Regel ausgeschlossen ist (s. Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 18.02.1993, Az.: 2 AZR 526/92). Wir danken allen, die sich solidarisch gezeigt haben!” Meldung vom 23.06.2020 beim Gesamtpersonalrat der FU - Personalratsmitglied vor dem Berliner Verwaltungsgericht: Aufruf zur solidarischen Prozessbegleitung am 12.06.2020 und Protestnachricht an die FU
“Im August 2019 versuchte das FU Präsidium gegen einen Beschäftigten und Mitglied im Gesamtpersonalrat eine außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung zu erwirken. Der Antrag auf Kündigung ist ein politischer Angriff des Präsidiums, das auf diese Weise gegen engagierte Beschäftigte vorgeht, die sich gegen die zunehmend prekärer werdenden Arbeitsbedingungen einsetzen. Um eine politische Einflussnahme dieser Art zu verhindern, verlangt die Rechtslage bei der Kündigung eines Personalratsmitglieds die Zustimmung des Personalrats. Da der Gesamtpersonalrat diese Zustimmung verweigerte, versucht die Universitätsleitung nun eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken, um die Kündigung aussprechen zu können. Trotz diverser Aufforderungen an das Präsidium, den Antrag zurückzuziehen, kommt es am Freitag, den 12. Juni zur Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Wir schließen uns deshalb der Aufforderung der ver.di-Betriebsgruppe an, am Freitag ab 10.30 Uhr zum Gericht (Kirchstraße 7, 10557 Berlin) zu kommen und damit Solidarität zu bekunden (selbstverständlich unter Berücksichtigung aller notwendigen Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen) (…) Außerdem besteht die Möglichkeit, eine Protestnachricht gegen den Kündigungsversuch zu verschicken, die sich sowohl an das Präsidium der sog. „Freien“ Universität, den Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung des Landes Berlin und den Personalrat Dahlem (der der Kündigung zugestimmt und dadurch die Universitätsleitung gestützt hatte) richtet. Die Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht bietet dazu einen bereits formulierten Text an. Das Vorgehen des Präsidiums ist nicht nur eine Bedrohung für alle Beschäftigten, die sich an der Universität engagieren oder die das Pech haben, öfter mal krank (gewesen) zu sein, sondern zeigt auch in aller Deutlichkeit die große Bereitschaft, sich mit allen Mitteln kritischer Gegenstimmen zu entledigen. Statt wissenschaftliche und hochschulpolitische Pluralität zu garantieren, setzt das Präsidium den Ausbau seiner eigenen Einflussmöglichkeiten fort und verstärkt damit die Demokratiedefizite der „Freien“ Universität…“ Pressemitteilung vom 11.06.2020 des Asta FU Berlin
Der Beitrag Protest gegen die außerordentliche krankheitsbedingte Kündigung eines Personalratsmitglied an der FU Berlin erschien zuerst auf LabourNet Germany.