„…Das Land am arabischen Golf hat Reformen auf dem Arbeitsmarkt angekündigt. So können ausländische Arbeiter künftig den Job ohne Zustimmung ihres bisherigen Arbeitgebers wechseln. Außerdem legte das Emirat als erstes Land der Region einen monatlichen Mindestlohn in Höhe von 1000 Rial (etwa 230 Euro) fest. Das entspricht einem Stundenlohn von etwa einem Euro. Die UN-Arbeitsorganisation ILO sprach von einem “historischen Schritt” und dem “Beginn einer neuen Ära” für Katars Arbeitsmarkt. In Verbindung mit früheren Reformen werde das Kafala-System effektiv abgebaut. Dieses auch in anderen Ländern der Region verbreitete System bindet ausländische Arbeiter fest an einen einheimischen Bürgen wie einen Arbeitgeber, der etwa einem Jobwechsel zustimmen muss. Anfang des Jahres hatte Katar bereits die strikten Ausreisebestimmungen für Arbeitsmigranten weiter gelockert. (…) Das neue Mindestlohngesetz sieht nach Angaben der Regierung vor, dass die Arbeiter zudem 800 Rial für Unterkunft und Lebensmittel erhalten. Arbeitgeber, die den Lohn schuldig bleiben, sollen demnach härter bestraft werden. “Durch die Einführung dieser bedeutenden Veränderungen kommt Katar einem Versprechen nach”, erklärte ILO-Generaldirektor Guy Ryder. In Katar leben laut Amnesty International rund zwei Millionen Arbeitsmigranten. Sie kommen vor allem aus armen Ländern wie Bangladesch, Nepal oder Indien. Katar hatte die Kritik an den Arbeitsbedingungen immer wieder zurückgewiesen und auf Reformen im Vorfeld der WM verwiesen...“ – so die Meldung „Katar führt Mindestlohn für alle ein“ am 30. August 2020 bei der Deutschen Welle
über die – nicht zum ersten Mal (siehe Verweise am Ende dieses Beitrags) angekündigte Reformen der Arbeitsbeziehungen in Katar – über die bisherigen waren schon alle begeistert, bis auf die Betroffenen, die nichts davon bemerkten… Siehe dazu auch eine aktuelle Meldung zum „Ist-Zustand“ der Arbeitsbedingungen in Katar direkt vor der Bekanntgabe der Gesetzesänderung, eine Pressemitteilung der ILO und eine der Gewerkschaftsföderation UNI – sowie den Verweis auf einen Beitrag aus dem Jahr 2017, als zum ersten Mal solche Reformen versprochen wurden (und eine ganze Reihe von Beiträgen, die berichten, dass die Betroffenen das in der ganzen Zeit ohnehin ganz anders sahen und erlebten, als ILO, IGB und Katars Regierung)
- „Migrant workers in Qatar still facing wage abuses despite reforms: HRW von Nadda Osman am 24. August 2020 beim Middle East Eye
stellt einen Report von HRW vor, der zum Ergebnis kommt, dass die seit 2017 versprochenen Verbesserungen unter dem Strich, in der Lebensrealität der asiatischen Bauarbeiter so gut wie gar nicht stattgefunden haben
- „Dismantling the kafala system and introducing a minimum wage mark new era for Qatar labour market” am 30. August 2020 bei der ILO
(Internationale Arbeitsagentur) ist eine Pressemitteilung in der die neuen gesetzlichen Bestimmungen in Katar konkret vorgestellt und begrüßt werden – als Fortschritt für Arbeiter und Unternehmen (?).
- „Qatar’s New Labour Reform, Key to Dismantle the Kafala System“ am 31. August 2020 bei UNI Global Union
ist eine von mehreren Mitteilungen internationaler Föderationen, die die Gesetzesänderung begrüßen – wie die Gewerkschaftsföderationen bereits bei der letzten (offensichtlich ziemlich irrelevant gebliebenen) „Reform“ schnell mit Begrüßungen dabei waren…
- Zur ersten Runde der Ankündigungen von „Arbeitsreformen in Katar“ siehe zuerst (und danach noch einige Beiträge) „Jetzt alles in Ordnung mit den Arbeitsbedingungen in Katar? Die ILO meint: Ja. Der IGB auch. Aktivisten: Eher nicht…“ am 10. November 2017 im LabourNet Germany
- Und konkret dazu: „Die Bilanz der angeblichen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen an den WM-Stadien Katars: Über 1.600 Anträge auf Ersatz für nichtausbezahlte Löhne – 0 Bewilligungen“ am 23. September 2019 im LabourNet Germany
Der Beitrag Kommt jetzt wirklich das Ende des Kafala – Zwangsarbeitssystems in Katar – und das auch noch mit höherem Mindestlohn? erschien zuerst auf LabourNet Germany.