Dossier
“Die Änderungen für das neue Landesverwaltungsgesetz in Schleswig Holstein haben den Weg ins Landesparlament gefunden und sollen demnächst in Parlament und Ausschuss beraten werden. Zu dem vorherigen Entwurf des Ministeriums gibt es nur minimale Änderungen, es bleibt eine drastische Verschärfung. Einsatzbefugnisse werden erweitert, die Schwelle für polizeiliche Eingriffe herabgesetzt und das Waffenarsenal vergrößert. Unter anderem werden die Möglichkeiten Menschen vorzuschreiben wo sie sich aufhalten sollen erweitert (Meldeauflagen, Aufenthaltsge- und verbote), der Einsatz von Sprengmitteln gegen Menschen sowie das Schießen auf Kinder erlaubt und eine Fülle an neuen Möglichkeiten eingeführt, mit denen die Polizei Daten erheben, speichern und in Datenbanken hin und her transferieren kann. Auch das Waffenarsenal der Polizei vergrößert sich. Neben Schlagstöcken und Schusswaffen sollen nun auch Distanz-Elektroimpulsgeräte zum Einsatz kommen. (…) Polizist*innen sollen außerdem mit sogenannten Bodycams ausgestattet werden. Zwar filmen die Kameras erstmal alles, was gespeichert wird, entscheidet allerdings der*die Beamt*in. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Eingriffschwelle wird drastisch heruntergesetzt, so sind Kontrollen, wie Personalienfeststellungen, an sämtlichen Stellen des internationalen Verkehrs möglich und Fußfesseln können angeordnet werden, wenn die Polizei das „individuelle Verhalten“ einer Person für Terrorverdächtig hält…” Pressemitteilung vom 13. Mai 2020 von und bei NoPolgSH – siehe dazu:
- Proteste und Anhörung im Landtag /Viele Schwächen im Polizeigesetz-Entwurf /Auch Schüsse auf Kinder möglich
- Viele Schwächen im Polizeigesetz-Entwurf von Gutachter*innen und Expert*innen bestätigt
“Im Juni wurde der Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung polizei- und ordnungsrechtlicher Vorschriften im Landesverwaltungsgesetz“ – kurz das sog. Polizeigesetz – im schleswig-holsteinischen Landtag diskutiert und dem Innen- und Rechtsausschuss überwiesen. Gestern tagte dieser nun im Landeshaus zum neuen Polizeigesetz und lud erstaunlich viele Gäste vor, trotz Corona-Lockdown. Vor dem Parlament demonstrierte das Bündnis gegen das neue Polizeigesetz in Schleswig-Holstein, das von circa 20 UnterstützerInnen-Gruppen getragen wird. Wir haben die Gutachten und Stellungnahmen im Ausschuss über den gesamten Tag hinweg verfolgt und präsentieren hier eine (unvollständige) Zusammenfassung.” Beitrag vom 5. November 2020 bei Freie Radio Neumünster
- Auch Schüsse auf Kinder möglich. Die schleswig-holsteinische Landesregierung will ihr Polizeigesetz verschärfen. Bürgerrechtler sehen viele Punkte kritisch
“Die Landesregierung in Schleswig-Holstein arbeitet seit langem an einem neuen Polizeigesetz. Die Kritik am bisher vorgelegten Regierungsentwurf ist massiv. Insbesondere die Option einer rechtlichen Verankerung des Schusswaffengebrauchs gegen Kinder im Gefahrenfall sorgt für Empörung. Eine mehrstündige Anhörung im Kieler Landtag thematisierte einige Einwände noch einmal. Eine heftige Kontroverse ist auch aufgekommen, in welcher Art und Weise Schleswig-Holstein als vorletztes Land neben dem Stadtstaat Berlin nun den finalen Rettungsschuss im Polizeirecht verankern will. Insbesondere der Kinderschutzbund in Person von Eberhard Schmidt-Elsaeßer sieht sich in dem umstrittenen Vorhaben als Anwalt für nicht strafmündige Kinder und lehnt den Passus strikt ab. In der Begründung zur vermeintlichen Notwendigkeit der von der Jamaika-Koalition getragenen Maßnahme wird stets das Beispiel von Kindern präsentiert, die von Terroristen zur Ausübung von Anschlägen instrumentalisiert werden. Das ist ein Szenario, das hierzulande so noch nie vorgekommen ist. (…) Große Bedenken erweckt auch der von der Polizei gewünschte Einsatz von Bodycams in Wohnungen oder Geschäftsräumen, weil damit die grundgesetzlich geschützte Unversehrtheit der Wohnung tangiert werde. Zweifel ob der grundsätzlichen Wirksamkeit des Bodycam-Einsatzes hegt das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen. Experte Tillmann Bartsch führte aus, dass es bis dato keine belastbaren Studien gibt, die eine Deeskalationswirkung durch das filmende Hilfsequipment in Form zurückgehender Straftaten gegen Polizeibeamte belegen. Schleswig-Holsteins CDU will trotzdem am Bodycam-Einsatz auch in Wohnungen festhalten und beruft sich auf den rot-rot-grünen Gesetzentwurf aus Bremen. Bijan Moini von der Gesellschaft für Freiheitsrechte wies auf mögliche Mängel im Gesetzentwurf bezüglich der Vorverlagerung eines Gefahrenverdachts hin. (…) Auch die Gewerkschaft der Polizei und die konkurrierende Deutsche Polizei-Gewerkschaft kamen in der Anhörung zu Wort. Es überraschte dabei nicht, dass beide mehr Befugnisse in der Vorratsdatenspeicherung und bei der Telekommunikationsüberwachung forderten. Außerdem auf dem Wunschzettel: Eine Harmonisierung der föderalen Polizeirechte der Länder…” Artikel von Dieter Hanisch vom 05.11.2020 im ND online - Proteste und Anhörung im Landtag
“In den letzten Wochen nehmen die Proteste gegens Polizeigesetz SH stetig an Fahrt auf. Bei einer Demo von FFF, Seebrücke, KOA und anderen Akteur_innen am 24.10. haben mehrere hundert Menschen teilgenommen und zogen lautstark vom Hauptbahnhof aus durch die Innenstadt. Im Anschluss schlossen sich die Demonstrant_innen einer weiteren Demo gegen Polizeigewalt in Nigeria an. Am 4.11. ging es mit dem Protest weiter. Im Landtag tagte der Innen- und Rechtsausschuss zum neuen Polizeigesetz – draußen demonstrierte das Bündnis gegens neue Polizeigesetz SH. Für Stellungnahmen wurden dabei ausschließlich Befürworter:innen des neuen Polizeigesetzes wie bspw. Vertreter:innen der Polizeigewerkschaft eingeladen. Auf Grund von Corona haben wir dieses mal keine große Menschenmenge mobilisiert, sondern waren nur mit knapp zwei dutzend Menschen vor Ort, um die Abgeordneten direkt mit unserer Kritik zu konfrontieren.” Meldung vom 4. November 2020 bei NoPolgSH
- Viele Schwächen im Polizeigesetz-Entwurf von Gutachter*innen und Expert*innen bestätigt
- Nein zum Polizeigesetz – gegen Repression und Überwachung!
“Am kommenden Mittwoch, 04.11.2020, wird im Innen- und Rechtausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages ein Änderungsantrag des Landesverwaltungsgesetz diskutiert, das neue Polizeigesetz für Schleswig-Holstein. Ziel des „Gesetzes zur Änderung polizei- und ordnungsrechtlicher Vorschriften im Landesverwaltungsgesetz“ sind massive Ausweitungen der landespolizeilichen Kompetenzen. Minimale Änderungsanträge werden daran nichts ändern. Wir fordern die Abgeordneten deshalb dazu auf, das neue Gesetz zu verhindern. Wir rufen auf zur #NoPolgSH-Bündnis-Kundgebung! Beteiligt Euch am Widerstand gegen das Polizeigesetz und kommt am 04.11.2020 um 09.00 Uhr vor das Landeshaus in Kiel! In Anbetracht der sich verschärfenden Pandemiesituation bitten wir Euch, einen Mund-Nasenschutz mitzubringen, Abstand zu halten, den gesamten Platz am Landtag zu nutzen und aufeinander aufzupassen. (…) Konkret bedeutet das Polizeigesetz: Die Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Die Befugnisse Menschen vorzuschreiben, wo sie sich aufzuhalten haben, sollen ausgeweitetwerden, gleiches gilt für die Anwendung einer elektronischen Fussfessel. Mehr Racial Profiling durch die Ausweitung der Schleierfahndung. Ausweitung des Sprengmittel- und Schusswaffengebrauch, sowie die Nutzung von Tasern. Ausweitung der Überwachung. Die geplante Bewaffnung der Polizei mit Tasern (Distanz-Elektro-Impulsgeräte) ist keinesfalls so ungefährlich wie behauptet wird…” Aufruf vom 31. Oktober 2020 bei NoPolgSH - Synopse zum Gesetzesentwurf
- NoPolgSH auf Twitter
und die Homepage der Initiative
- siehe auch unser Dossier: Neue Polizeigesetze, überall – eine Bestandsaufnahme
Der Beitrag Kriminalitätsrate historisch niedrig – trotzdem Polizeirechtsverschärfung in Schleswig-Holstein erschien zuerst auf LabourNet Germany.