In den vergangenen Monaten sind die Anfragen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes massiv angestiegen. Diese stellt nun auf Grund der hohen Zahlen und mangelndem Personal ihre Telefonberatung ein. Währenddessen steigt die Zahl der Hilfesuchenden weiter an.
Immer häufiger wenden sich Menschen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und suchen Hilfe. In den letzten Monaten sind die Zahlen jedoch so rasant angestiegen, dass die Stelle nicht mehr mit allen umgehen kann und ihre telefonische Beratung einstellt. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Anfrage der FDP-Abgeordneten Katja Suding hervor. Betroffene können sich zwar weiter hin an die Stelle wenden müssen allerdings mit verlängerten Berabeitungszeiten rechnen.
Der Grund für die Einstellung der Telefonberatung liegt im massiven Anstieg der Anrufe und daran, dass nicht genug Personal eingestellt wird um mit diesem Andrang umzugehen. Hat man die Zahlen des Vergleichszeitraum Januar bis Anfang Dezember im Blick, dann haben sich die Beschwerden zur Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit innerhalb eines Jahres nahe zu verdoppelt, teilte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Berlin am Dienstag dem „Evangelischen Pressedienst“ auf Anfrage mit.
Von Januar bis Anfang Dezember des Jahres 2019 erreichten die Stelle rund 3.200 Anfragen, im Vergleichszeitraum 2020 erreichten die Stelle jedoch über 6.000 Anfragen, damit sei nahezu eine Verdopplung eingetreten, heißt es in Antworten der Bundesregierung. Ganz konkrete Zahlen für das vergangene Jahr könne man jedoch erst im Jahresbericht Mitte Mai zur Verfügung stellen.
Die Anzahl der Anfragen die im Jahr 2019 unter das Diskriminierungsverbot fallen liegt bei 3.580, die Gesamtzahl aller Beratungsanfragen hingegen liegt im selben Jahr bei 4.247. Die meisten davon bezogen sich, mit 1.176 Anfragen, auf die Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft, dicht gefolgt von 1.029 Anfragen wegen geschlechterbezogener Diskriminierung. Insgesamt wurden noch 993 Anfragen wegen einer Diskriminierung im Zusammenhang mit einer Behinderung gestellt, 441 mit einem Altersbezug und 148 bezüglich Diskriminierung im Zusammenhang mit der sexuellen Identität.
Ein Grund für den rasanten Anstieg der Anfragen im Jahr 2020 ist sicherlich die Pandemie. Bis Ende November 2020 erreichten die Antidiskriminierungsstelle etwa 1.500 Beratungsanfragen zu Benachteiligung im Kontext der Pandemie, so berichtet die Einrichtung auf ihrer Website. Diese Fälle sollen von „unverhohlenem rassistischem Verhalten bis hin zu körperlichen Übergriffen“ reichen. Zu Beginn der Pandemie habe es häufig Anfragen mit Bezug zu antiasiatischem Rassismus gegeben. Zur Zeit melden sich vor allem Menschen die auf Grund einer Behinderung keine Atemschutzmaske tragen können.
Telefonberatung bleibt vorerst stillgelegt
Im Herbst 2020 habe man angesichts des sehr hohen Beratungsaufkommens entscheiden müssen die telefonische Beratung einzustellen, um zumindest auf schriftlichem Wege weiterhin seriöse Beratung gewährleisten zu können, bestätigt Sebastian Bickerich, Sprecher der Antidiskriminierungsstelle. Man sei bemüht die Anliegen weiterhin innerhalb von 10–15 Arbeitstagen zu bearbeiten, stellenweise könnte es jedoch länger dauern.
„Dass mitten in der Krise eine Beratungsstelle des Bundes wegen Überlastung telefonisch nicht mehr erreichbar ist, macht mich fassungslos.“ so Katja Suding, stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP. Schon im April 2019 habe sich gezeigt, dass der Beratungsbedarf steigt, trotzdem fehle es bis heute an Personal.
Laut dem Ministerium seien für das Haushaltsjahr 2021 bereits neue Voraussetzungen geschaffen worden. Durch eine Umstrukturierung soll die telefonische Beratung zeitnah wieder angeboten werden, hieß es. Die finanziellen und personellen Ressourcen wurden um drei Planstellen und 600.000 Euro aufgestockt. 2019 waren im Schnitt 9,5 Menschen in der Beratung der Antidiskriminierungsstelle tätig, im Februar diesen Jahres waren es neun Mitarbeiter:innen.
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